Sonntag, 21. Oktober 2007

Mal wieder: "Eigentlich"

Eigentlich sollte es ein etwas ruhigerer Tag werden – immerhin ist ja Sonntag und seit vielen Tagen haben wir uns keine Pause gegönnt, um den Anbau dicht zu bekommen. Jetzt haben wir das geschafft und könnten ja wenigstens einen Gang runter schalten. Eigentlich.

Am Morgen schaffen wir es nicht, einfach mal NICHT zur Baustelle zu gehen. Wenigstens die Sparren für das Vordach einbauen und etwas Isolation anbringen! Gegen 14 Uhr räumen wir die Baustelle auf und bereiten das Essen vor.

Wie immer während des Essens hupt es – Persson ist draußen. Kauend und dabei leicht stöhnend gehe ich zur Tür, um zu sehen, was es gibt. Der gute Kerl hat 3 Barsche gefangen und will sie uns nicht nur schenken, sondern auch noch selbst ausnehmen. Frierend stehe ich daneben, während er die armen Fische bei lebendigem Leib, unbetäubt, enthäutet. Irgendwie war ich froh, dass Fische keine Stimmbänder haben.

Vor langer Zeit sagte mal jemand zu uns, dass nach der Jagd hier oben im Wald „tote Hose“ ist. Und irgendwie hatten wir uns genau darauf gefreut. Seltsamerweise stimmt das aber nicht, denn während ich noch bei Perssons grausamen Folterritual zuschaue, biegt ein weiterer Volvo in unsere Einfahrt ein. Einer der „Wochenendler“ hat seine Hütte winterdicht gemacht und kommt, sich zu verabschieden.

Drinnen steht mein Mittagessen und wartet auf mich.

Vor einer Woche fragte mich Persson, ob ich Brennholz brauche. Sicher! Der nächste Winter kommt bestimmt! Vor kurzem wurde bei uns in der Nähe ein Stück Wald gerodet und die Harvester haben die Birken, die zwischen den Kiefern standen auf einen separaten Haufen gestapelt („gepoltert“ heißt es wohl richtig). Da liegen also ca. 10 Kubikmeter (!) Birkenholz, die wir für beinahe „Umme“ bekommen können. Das reicht uns für 2 Winter!

Ich frage Persson heute, wann wir den Trecker umrüsten, um das Brennholz (die Schweden haben sogar ein separates Wort dafür „ved“) zu holen. Er denkt kurz nach und sagt: „Jetzt!“.

Also rüsten wir den Traktor um und hängen den Hänger an. Da sagt Persson zu mir: “Wenn wir schon so weit sind, wollen wir da nicht gleich das Holz holen?“ Klar! Eigentlich wollte ich heute mal ausruhen. Eigentlich.

Also tuckern wir los und schaffen die Hälfte des Holzes nach Hause. (Bild folgt bald.)  Inzwischen ist es sechs Uhr und es wird dunkel. Persson lässt seinen Traktor samt Hänger gleich bei uns stehen, damit wir morgen das Holz klein sägen können und die nächste Fuhre holen. Dann schlägt der alte Gauner vor, dass wir doch ein „Pilsner“ trinken sollten. Er tippt, dass wir noch ein paar Vorräte deutsches Bier da haben und trifft ins Schwarze. Wir haben!

Zu dritt trinken wir jeder ein gutes deutsches Pilsner, was nach der schweißtreibenden Arbeit einfach genial ist. (Neulich sah ich auf einem Foto einen sehr alten Freund von mir, wie er mit seinem Sohn und seinem Vater mit je einer Flasche Bier in der Hand in der Sonne saß und ich musste eine Weile nachdenken, um zu begreifen, dass es normalerweise kein Luxus ist, einfach so ein gutes Bier zu trinken. Hier schon.)  

Wir sind von soviel Hilfsbereitschaft sehr begeistert! Es ist sein Diesel, sein Traktor und seine Zeit, die Persson hier investiert. Als er dann fragt, ob wir uns wenn er im Krankenhaus ist, um seine Pferde und seinen Hund kümmern können, sagen wir selbstverständlich zu.

Mir gefällt die Währung, mit der man hier bezahlt!           

 

4 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Tja, das ist die schönste Währung der Welt und das ist genau das was ich, wie Ihr Beiden ja kennengelernt habt, hier an meinem Umfeld so liebe. Es ist schön, dass es bei Euch jetzt im Umfeld auch so ist und ich freue mich sehr für Euch. Geben und nehmen und dabei nicht berechnen, das ist der Stoff, der das Leben lebenswert macht.

Viele Grüße von J. u. S. aus Z.

Anonym hat gesagt…

Funkturm at home: Sehe ich genauso! Sich gegenseitig "einfach so" zu helfen, ist etwas das -unabhängig vom Land- ein gutes Gefühl erzeugt: Zusammenhalt.
Haben euch übrigens vor unserem Kurztripp mehrfach versucht anzurufen, ohne Erfolg. Wir glauben, ihr braucht einen eigenen Funkturm.

Logger hat gesagt…

Genau! Ich bin froh, hier wieder auf solche "Strukturen" zu treffen, wie sie früher üblich waren. Ich kann einfach besser damit umgehen, wenn sich Geben und Nehmen ohne den Zwischenweg Geld ganz von allein die Waage halten. Hauptsache fair und meschlich!
Aber ihr beiden versteht es genau wie wir! Deshalb verstehen wir uns ja auch! :-)
@Funkturm: Sch...! Ich zimmere gleich einen Turm!

Anonym hat gesagt…

Es ist wirklich schön zu sehen wie euer Anbau immer mehr nach Haus aussieht :)
M. ist ganz traurig, dass er nicht mehr dazu beitragen konnte.
Wenn ihr dann auch noch Wasser habt, braucht ihr den Winter nicht mehr zu fürchten